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4. Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) in der täglichen Arbeitspraxis

04.03.2025 2025/03

Aktuell geltende arbeitsrechtliche Vorschriften ändern sich durch das Inkrafttreten des 4. Bürokratieentlastungsgesetzes ab dem 01.01.25. Dies betrifft arbeitsrechtlich in vielen Bereichen insbesondere das Ablösen der Schriftformerfordernis durch die Textformerfordernis. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass dies im speziellen nicht für Befristungsvereinbarungen, Aufhebungsverträge und Kündigungen gilt. Diese bedürfen weiterhin der Schriftform (§ 623 BGB bzw. § 14 Abs. 4 TzBfG).

Schriftform, elektronische Form und Textform: Unterschiede und Bedeutung

Im Rahmen des neuen Gesetzes zur Regelung elektronischer Kommunikation, das durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz eingeführt wurde, wurden die Anforderungen an die Form von Erklärungen angepasst. Besonders im Hinblick auf die Textform, die nun die Schriftform in vielen Fällen ersetzt, ist eine Unterscheidung wichtig. Hier werden die drei Hauptformate – Schriftform, elektronische Form und Textform – erläutert und voneinander abgegrenzt.

Schriftform: Die Schriftform erfordert, dass eine Erklärung oder ein Vertrag eigenhändig unterschrieben wird, wie es § 126 Abs. 1 BGB festlegt. In vielen Fällen kann die Schriftform durch eine elektronische Form ersetzt werden (§ 126a BGB), jedoch gibt es Ausnahmen. So bleiben die Kündigung und der Aufhebungsvertrag nach § 623 BGB weiterhin der schriftlichen Form vorbehalten. Bisher war es auch nicht möglich, den Nachweis gemäß Nachweisgesetz in elektronischer Form zu erbringen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG).

Elektronische Form: Die elektronische Form verlangt eine qualifizierte elektronische Signatur. Diese basiert auf einem Zertifikat eines qualifizierten Vertrauensdiensteanbieters (Art. 3 Nr. 15 und Nr. 17 eIDAS-VO) und wird durch eine sichere Signaturerstellungseinheit (Art. 3 Nr. 23 eIDAS-VO) generiert (§ 126a BGB). Dieser Standard trifft nicht auf einfache Signaturen, beispielsweise in pdf-Dokumenten zu. Die hohe technische Anforderung führt dazu, dass die elektronische Signatur in der Praxis bislang eine untergeordnete Rolle spielt, besonders im Arbeitsrecht. Die Lösungen in diesem Bereich entwickeln sich aktuell jedoch ständig weiter.

Textform: Die Textform (§ 126b BGB) ist eine vereinfachte Form der Schriftform, die in vielen Bereichen des Arbeitsrechts zunehmend Anwendung findet. Sie verlangt keine Unterschrift, sondern lediglich eine lesbare Erklärung, die auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert wird. Wichtig ist, dass die Erklärung dem Empfänger persönlich zugänglich ist und die Identität des Absenders erkennbar ist.

Die konkreten gesetzlichen Voraussetzungen für die Textform sind (§ 126b BGB):

  • lesbare Erklärung (Darstellung durch Schriftzeichen, Sprachnachrichten ungültig)
  • die Person des Erklärenden ist angegeben (Urheberschaft ist erkennbar)
  • Räumlicher Abschluss der Erklärung (Textende wird kenntlich gemacht, z.B. Nachbildung Unterschrift des Erklärenden)
  • Speicherbarkeit auf einem Medium (z.B. als E-Mail speicherbar)
  • Persönlicher Zugang beim Empfänger (nicht Verfügbarmachen auf Website)
  • Unveränderlichkeit (z.B. Sicherung einer Mail oder durch Druckmöglichkeit)
  • Dauerhafte Verfügbarkeit (Aufbewahrungsmöglichkeit)

Beispiele für die Textform sind E-Mails, Faxe und PDF-Dokumente, bei denen der Name des Absenders am Ende erscheint. Auch Nachrichten über Messenger-Dienste können als Textform gelten, sofern der Absender eindeutig identifizierbar ist.

Die Textform ermöglicht eine flexiblere und schnellere Kommunikation, ohne die Anforderungen der Schriftform zu erfüllen, und ist besonders nützlich in der digitalen Arbeitswelt.

Praktische Auswirkungen der Änderungen im Nachweisgesetz durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz

Das 4. Bürokratieentlastungsgesetz bringt bedeutende Änderungen für Arbeitgeber im Hinblick auf die Erteilung von Nachweisen über Arbeitsverhältnisse. Ein zentraler Punkt dieser Änderungen ist die Möglichkeit, den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen nun auch in Textform zu erteilen. Diese Umstellung erleichtert den Verwaltungsaufwand und passt sich modernen Arbeitsprozessen an. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt es jedoch wichtige Details zu beachten, um rechtliche Vorgaben korrekt umzusetzen.

Nachweis in Textform statt in Schriftform

Ab sofort können die im Nachweisgesetz geforderten wesentlichen Vertragsbedingungen, die bislang schriftlich festgehalten und dem Arbeitnehmer übergeben werden mussten, auch in Textform übermittelt werden (§ 2 Abs. 1 NachwG). Dabei ist die Textform definiert als jede Form, in der die Erklärung für den Empfänger lesbar und auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert werden kann (z. B. E-Mail, PDF-Dokument). Ein Beispiel: Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer eine E-Mail mit einem Arbeitsvertrag im Anhang senden, der die erforderlichen Vertragsbedingungen enthält. Diese E-Mail gilt als Textform, da sie eine klare und zugängliche Erklärung enthält, die der Arbeitnehmer speichern und bei Bedarf ausdrucken kann.

Wichtige Anforderungen müssen erfüllt sein:

  • Zugänglichkeit und Speicherung: Das Dokument muss so übermittelt werden, dass der Arbeitnehmer es speichern, ausdrucken und dauerhaft zugänglich machen kann. Eine allgemeine Bekanntmachung oder das Veröffentlichen des Dokuments auf einer Website genügt nicht. Der Arbeitnehmer muss das Dokument in einer Form erhalten, die ihm individuelle Speicherung ermöglicht, wie etwa durch den Versand als PDF-Dokument oder als E-Mail-Anhang.
  • Individuelle Übermittlung: Eine Massenübertragung, bei der mehrere Arbeitnehmer gleichzeitig ein Dokument erhalten, reicht nicht aus. Der Nachweis muss jedem Arbeitnehmer einzeln übermittelt werden, sodass eine persönliche Zustellung erfolgt.
  • Empfangsnachweis: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer auffordern, den Empfang des Dokuments zu bestätigen. Dies kann durch eine Lesebestätigung bei einer E-Mail oder durch eine andere geeignete Methode erfolgen. Wird dieser Empfangsnachweis nicht erteilt, gilt der Nachweis trotzdem als übermittelt, wenn der Arbeitgeber anderweitig nachweisen kann, dass das Dokument dem Arbeitnehmer tatsächlich zugegangen ist.

Erweiterte Flexibilität: Arbeitsvertrag und Änderungen

Neben der erstmaligen Übermittlung des Arbeitsvertrages betrifft die Regelung auch nachträgliche Änderungen. Änderungen, die den Arbeitsvertrag betreffen, können ebenfalls in Textform übermittelt werden. Eine erneute schriftliche Übergabe ist nicht erforderlich, wenn der Vertrag in Textform angepasst und der Arbeitnehmer über die Änderung informiert wird.

Ein wichtiger Punkt hierbei ist, dass der Arbeitgeber weiterhin verpflichtet bleibt, einen schriftlichen Nachweis zu erteilen, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt – und das unabhängig davon, ob der Nachweis in Textform oder schriftlich erbracht wurde. Daher sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass sie rechtzeitig und korrekt nachweisen können, dass der Arbeitnehmer den Nachweis in Textform erhalten hat, falls dieser eine schriftliche Bestätigung verlangt.

Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz: Schriftform bleibt erforderlich

Eine bedeutende Ausnahme gibt es im Bereich des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes. Hier gilt weiterhin, dass der Nachweis der Arbeitsbedingungen ausschließlich in schriftlicher Form erbracht werden muss. Das betrifft zum Beispiel u.a. das Baugewerbe, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe und die Fleischwirtschaft. In diesen Fällen kann der Nachweis also nicht in Textform erfolgen. Arbeitgeber, die unter dieses Gesetz fallen, müssen sich bewusst sein, dass die strengen Anforderungen der Schriftform weiterhin bestehen und nicht durch die vereinfachte Textform ersetzt werden können.

Zwischenfazit: Vorteile und Pflichten für Arbeitgeber

Die Möglichkeit, den Nachweis in Textform zu erteilen, bietet Arbeitgebern eine erhebliche Erleichterung, insbesondere in der digitalen Arbeitswelt. Die elektronische Übermittlung von Arbeitsverträgen oder Anpassungen kann viel effizienter gestaltet werden, vorausgesetzt, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind. Arbeitgeber sollten jedoch sicherstellen, dass sie den Empfang des Nachweises dokumentieren können und dem Arbeitnehmer auf Wunsch weiterhin die Möglichkeit geben, den Nachweis in schriftlicher Form zu erhalten. Das Nachweisgesetz ist damit flexibler geworden, jedoch erfordert die Umsetzung auch Sorgfalt, um rechtliche Risiken zu vermeiden.

Änderungen im SGB VI und weiteren Arbeitsgesetzen: Einführung der Textform in weiteren HR-relevanten Bereichen

Mit dem 4. Bürokratieentlastungsgesetz wurden zahlreiche arbeitsrechtliche Bestimmungen angepasst, um mehr Flexibilität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu schaffen. Insbesondere die bis hierhin beschriebene Einführung der Textform als Alternative zur Schriftform in bestimmten Bereichen reduziert den bürokratischen Aufwand erheblich.

Befristung des Arbeitsverhältnisses auf Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 41 SGB VI)

Für die Befristung von Arbeitsverhältnissen auf das Erreichen der Regelaltersgrenze reicht nun die Textform aus, z. B. per E-Mail oder PDF. Dies erleichtert die Praxis erheblich, da schriftliche Vereinbarungen zuvor unnötigen Aufwand verursachten. Die Regelung gilt jedoch nur, wenn keine tarifvertraglichen Vorgaben eine andere Form vorschreiben.

Änderungen im BEEG: Ab 2025 kann Elternzeit in Textform beantragt werden, was sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber die Handhabung vereinfacht. Allerdings gilt diese Änderung nur für Kinder, die nach dem 30. April 2025 geboren werden. Bis 2033 werden daher Schriftform und Textform parallel verwendet. Auch Anträge auf Teilzeit während der Elternzeit und deren Ablehnung können künftig in Textform erfolgen. Eine Ausnahme bleibt die Ablehnung einer vorzeitigen Beendigung der Elternzeit, die weiterhin schriftlich erfolgen muss.

Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz

Die Inanspruchnahme von Pflege- oder Familienpflegezeit kann jetzt ebenfalls in Textform erklärt werden (§ 3 Abs. 3 PflegeZG). Für Vereinbarungen zu Teilzeitarbeit bleibt jedoch die Schriftform erforderlich (§ 3 Abs. 4 PflegeZG).

Zeugnisregelung nach der Gewerbeordnung

Arbeitszeugnisse können nun auch elektronisch mit einer qualifizierten Signatur ausgestellt werden, wenn der Arbeitnehmer zustimmt. Diese Änderung bietet Flexibilität, bringt jedoch aufgrund der hohen Anforderungen an die Signatur begrenzte Erleichterungen.

Zusammenfassung und Ausblick

Die neuen arbeitsrechtlichen Änderungen, insbesondere die Einführung der Textform, bieten sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern viele Vorteile. Sie reduzieren den bürokratischen Aufwand und ermöglichen eine flexiblere Handhabung von Arbeitsverhältnissen, insbesondere bei Befristungen, Elternzeit und Pflegezeit. Dennoch sollten Arbeitgeber die neuen Regelungen genau kennen, um rechtliche Fallstricke – wie die schriftliche Zustimmung bei Arbeitszeugnissen – zu vermeiden.

Die Einführung der Textform eröffnet Unternehmen zahlreiche Chancen zur Effizienzsteigerung, bringt jedoch auch Herausforderungen bei der Umsetzung mit sich. In diesem Zusammenhang kann HR Outsourcing eine wertvolle Unterstützung bieten. Externe Experten übernehmen die administrativen Aufgaben, sorgen für die korrekte Umsetzung der neuen Anforderungen und reduzieren so den bürokratischen Aufwand. So können Unternehmen ihre HR-Prozesse optimieren und sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Wir unterstützen Dich gerne bei der Umsetzung der Änderungen, damit Dein Unternehmen die neuen Regelungen erfolgreich umsetzen kann.

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Quelle: Deutsches Anwalt Office Premium, Tillmanns, HI16637444 Stand: 18.10.2024

 

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