Woran denken Sie da? Ein innovatives Produkt natürlich. Clevere Gründerinnen und Gründer wahrscheinlich. Business-Pläne und Kalkulationen eventuell. Vielleicht denken Sie sogar an eine Fernsehsendung, welche aktuell wieder montags zur besten Sendezeit den einen und die andere in ihren Bann zieht.
Doch woran denken Sie bei Start-Ups eventuell nicht auf Anhieb? Wahrscheinlich zählen die Themen Führung und Leadership hierzu. Doch warum ist das so?
Wenn wir an Start-Ups denken, dann haben wir kreative Köpfe mit begeisternden Ideen vor Augen - Menschen, die anpacken und die Welt verändern. Menschen, die die Zahlen studieren und sich überlegen, wie Marketing, Produktion und Lieferketten funktionieren können. Aber HR-Experten oder gar Führungskräfte? Das scheint etwas für Konzerne zu sein - für Unternehmen, die in Hierarchien denken.
Dabei ist das Thema Leadership doch so essentiell, auch und vor allem in Start-Ups, dass man sich zumindest die Frage stellen sollte:”Brauchen wir eine genaue Vorstellung von Führung? Vielleicht sogar ein Konzept?”
In vielen Punkten unterscheiden sich Start-Ups zum Teil deutlich von bereits etablierten Unternehmen. Vor allem in den Bereichen HR und Führung kann das eine große Rolle spielen. Wer mal eben schnell aus der eigenen Idee ein Unternehmen macht und dann die besten Freunde als Mitarbeitende in diesem einstellt, der muss womöglich anders führen, als wenn es sich dabei um 5 bis dahin Fremde handelt.
Die Begeisterung an einer neuen Idee innerhalb eines Start-Ups mitzuarbeiten ist zu Beginn häufig sehr groß. Diese Begeisterung aufrechtzuerhalten, ist nicht nur eine Frage des Unternehmenserfolgs. Denn fast jedes erfolgreiche Unternehmen dürfte früher oder später auch Misserfolge erlebt haben. Nicht nur bei den Gründerinnen und Gründern gilt es in solchen Situationen, Durchhaltevermögen zu beweisen. Spätestens an dieser Stelle besteht dann die Gefahr, dass die ersten Kolleginnen und Kollegen das Unternehmen bereits wieder verlassen - womöglich sogar Ihren Freundeskreis.
HR-Management und vor allem das richtige Recruiting hat deshalb eine hohe Relevanz für alle, die mit Start-Ups erfolgreich sein möchten. Viele Konflikte und Problemstellungen können allerdings auch durch situativ richtige Führung geklärt und beiseite geräumt werden.
“Führungskonzepte brauchen wir nicht. Wir haben ohnehin flache Hierarchien.”
Mit diesem Gedanken dürfte wohl das eine oder andere Start-Up bereits gescheitert sein. Denn flache Hierarchien sind keine Ausrede für fehlende Führungskompetenz. Dabei geht es nicht nur ums Delegieren und Motivieren - was sich die meisten Gründerinnen und Gründer als Kompetenz sicher zuschreiben würden - sondern auch um Entwicklung. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen sich und Prozesse weiterentwickeln und sei das Unternehmen noch so klein. Hierfür braucht es Ziele und Feedback, welche den eigenen Einfluss sowie Perspektiven und Potentiale offenlegen.
Vor allem diejenigen im Team, die an der Gründung nicht direkt beteiligt waren, verspüren im Zweifel nicht die gleiche Begeisterung für die Vision, wie das Gründungsteam selbst. Vielleicht ist ihnen deshalb auch das Ziel, das Start-Up zum Erfolg zu führen, als Selbstzweck nicht genug. Hier geht es darum, individuell voranzukommen und dazuzulernen. Erfahrungen zu sammeln, welche im späteren Berufsleben hilfreich sein können - im besten Fall positive. Der Austausch, was erwartet wird, was möglich und was nötig ist, ist deshalb essentiell.
Inwiefern es hierfür eine starke Persönlichkeit braucht, kann nur in der konkreten Situation beurteilt werden. Hierfür gilt es im übrigen auch ein Gespür zu haben, wenn neue Kolleginnen und Kollegen eingestellt werden sollen. Während die einen den Gestaltungsspielraum flacher Hierarchien schätzen, sind andere überfordert von der Vielzahl selbst zu treffender Entscheidungen. Auch das ist Führung - ein Auge auf und ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Geführten zu haben, Freiräume zu bieten und Entscheidungen zu fällen.
Verschiedene Ansätze aus Theorie und Praxis zeigen jedoch auch, dass es Konzepte gibt, welche ganz ohne Leadership zu funktionieren scheinen. Ist die Holokratie also das Universalrezept für moderne Führung? Vermutlich nicht. Das liegt jedoch nicht daran, dass das Konzept als solches nicht funktioniert - Erfolgsgeschichten existieren ja bereits - sondern vielmehr daran, dass es keine Universalrezepte gibt.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, gemeinsam herauszufinden, wie das Unternehmen organisatorisch funktionieren kann - Führung und Leadership kann ein Baustein dessen sein. Hierbei können Start-Ups auch auf die Unterstützung externer Expertise vertrauen, die sich auf diese Themen spezialisiert haben. Wichtig ist hierbei nicht, ein konkretes Konzept zu finden und zu implementieren, sondern die eigene Situation zu analysieren und herauszufinden, mit welchen Mitteln man am besten vorankommt. Dabei ist die Situation der Mitarbeitenden ebenso individuell, wie die des Unternehmens selbst.
Was in diesen Situationen kein Tabu sein sollte: Nicht immer sind die Gründerinnen und Gründer die perfekten Leader und Führungskräfte. Darauf kann man mit Weiterbildung und Entwicklung reagieren, oder sich diejenigen ins Unternehmen holen, die dieses Know-How bereits besitzen - je nachdem, in welchem Stadium sich das Start-Up befindet.
Früher oder später kommt allerdings jedes erfolgreiche Start-Up an den Punkt neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen zu müssen. Im besten Fall, haben diese dann direkt ein positives Bild von jenem Unternehmen, beispielsweise durch Erfahrungsberichte ehemaliger Angestellter. Und spätestens an diesem Punkt lässt sich die Frage stellen: Warum haben so viele Start-Ups eine klare Strategie, wie sie mit Banken, Kunden und anderen Stakeholdern kommunizieren und umgehen, intern gegenüber den eigenen Kolleginnen und Kollegen jedoch nicht?
Die Gründe sich auch in Start-Ups mit Führung, Führungskultur und Leadership zu beschäftigen sind vielfältig. Sei es der Erfolg des Unternehmens, die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ein positives Klima oder der Gedanke an die eigene Employer Brand - wer nicht nur mit Produkten, Bilanzen und Kennzahlen umgehen kann, sondern auch mit Menschen, hat sicher die besseren Voraussetzungen langfristig erfolgreich zu sein. Und wer weiß - vielleicht überzeugen Sie damit ja sogar die Löwen im TV.