„Was, du möchtest HR Management und HR Analyse studieren? Aber du passt doch gar nicht in die Personalabteilung!” Ups, da habe ich erstmal irritiert geschaut. Dieses Gespräch mit einer berufserfahrenen Person ist fast zehn Jahre her, aber es ist mir dennoch im Gedächtnis geblieben. Meine Gesprächspartnerin hatte lange als Bürokauffrau und Abteilungsassistenz in einem Traditionsunternehmen der Automobilindustrie gearbeitet. Als Vertreter :innen der Personalabteilung hatte sie ernst blickende Damen und Herren in formeller Businesskleidung vor Augen, die über wichtige und geheime Dinge ausschließlich mit der höheren Führungsebene sprachen. Da sie zudem die Personalakten hüteten, war der Zutritt ins Büro der Personalabteilung nicht erlaubt.
Seit den 1990er Jahren haben sich Aufgabe und Image der entsprechenden Abteilung genauso geändert wie die Bezeichnung: In den meisten Unternehmen wurde irgendwann kein Personal mehr verwaltet, sondern menschliche Ressourcen gemanagt, sodass wir heutzutage oft von HR (Human Resources) sprechen. Noch moderner ist der Ansatz, sich um People & Culture zu kümmern – außer dem effizienten Einsatz von Arbeitskraft sollen sich die Mitarbeitenden idealerweise im Unternehmen wohlfühlen, um in Zeiten von Fachkräftemangel die Mitarbeiterbindung zu erhöhen. Die Damen und Herren aus den 90ern in dunklen Anzügen würden hier wohl indigniert die Mundwinkel verziehen, wobei in kleineren Unternehmen die HR-Funktion schon immer näher am Geschehen war und sich auch mit Menschen und deren Emotionen befasste. Heute ist auch die HR Analyse ein wichtiger Bestandteil des modernen Personalmanagements. Sie umfasst die systematische Untersuchung von HR-Daten, um wertvolle Erkenntnisse und Informationen für die strategische Entscheidungsfindung zu gewinnen. Durch den Einsatz fortschrittlicher Analysetechniken und -tools können Unternehmen wertvolle Einblicke in ihre Personalprozesse, -leistung und -entwicklung gewinnen.
Lange Zeit galt die Personalabteilung nicht als Teil der Wertschöpfungskette, sondern nur als unterstützende Funktion und Kostenfaktor. In etlichen Unternehmen wird daher versucht, die Anzahl der Mitarbeitenden im HR-Bereich in einer bestimmten Relation zur Gesamt-Mitarbeiterzahl zu halten. In Zeiten von schnellen Umbrüchen und Fachkräftemangel wird jedoch der wertvolle Beitrag für das gesamte Unternehmen sichtbarer; Führungskräfte schätzen zunehmend die Hinweise der People-Experts, wie sie ihre Teams zu noch mehr Motivation und Performance bringen können. Von der reinen Personalverwaltung und Personalbeschaffung entwickelt sich HR auf diese Weise zum Partner, der auch in strategischen Fragen berät.
Auch wenn die Personalabteilung nicht der „Freund” der Angestellten ist, verstehen sich viele Beschäftigte im HR als Dienstleister für alle Mitarbeitenden. Es geht darum, den Kolleg:innen den Rücken freizuhalten, damit sie sich bestmöglich um die Arbeit kümmern können. In unserer heutigen Dienstleistungsgesellschaft erwarten wir Schnelligkeit und Transparenz sowie die Möglichkeit, auf verschiedenen Kanälen kommunizieren zu können. Wer Fragen zu seinem Urlaubsanspruch oder seiner Gehaltsabrechnung hat, möchte genauso bequem kompetente Antworten bekommen wie vom Telefonanbieter (na gut, schlechtes Beispiel …). Der ehrfürchtige Nimbus, der die Hüter der Personalakten in den 90ern umwehte, ist einer Erwartungshaltung gewichen. Speziell bei Routine-Vorgängen erwarten Mitarbeitende eine reibungslose Bearbeitung ihrer Anliegen.
Besonders in kleineren Betrieben und Start-ups gibt es oft keine spezialisierte Personalabteilung, die anfallenden Tätigkeiten werden von derjenigen Person mit erledigt, die sich am ehesten dazu berufen fühlt. Diese Ein-Personen-Shows leisten oft Erstaunliches, mitunter sogar ohne eine tiefergehende Ausbildung in Sachen HR. Als Teilbereich der kaufmännischen Berufe oder wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge klingen die Inhalte dieser Ausbildungswege oft nach „von allem ein bisschen”. Aus diesen Faktoren speist sich das Vorurteil, dass man für die Arbeit im People & Culture-Umfeld keine speziellen Kenntnisse oder Begabungen bräuchte. Auf diese Weise treffen wir in deutschen Unternehmen oft Personen an, die die nötigsten Vorgänge rund um Mitarbeitergewinnung und -betreuung am Laufen halten, und die Geschäftsführung fühlt sich bestätigt: Personalarbeit geht nebenbei. Hier wird übersehen, wie viel sich die HR-Generalist:innen oft selbst angeeignet oder selbst auf die Beine gestellt haben. Für eine zukunftsfähige HR-Arbeit kann es sich jedoch lohnen, auch Expertenwissen einzubeziehen: Haben wir an alles gedacht, was für unser Unternehmen relevant ist oder demnächst relevant werden kann? Wie robust und effizient sind unsere Prozesse gestrickt? Brauchen wir mehr Vorlagen für regelmäßig wiederkehrende Tätigkeiten? Sind wir in unserer Arbeitsweise auf Unternehmenswachstum oder Veränderungen am Arbeitsmarkt vorbereitet?
Gut möglich, dass es sich für kleinere Unternehmen nicht lohnt, für die Beantwortung dieser Fragen extra eine Person einzustellen, die eine umfangreiche HR Analyse durchführt. Andererseits ist die Aussicht, einmal die Expert:innen auf die bestehenden Strukturen draufschauen zu lassen, vielleicht recht beruhigend?
Wenn wir auf die Personalarbeit in Unternehmen mit der Metapher eines Schulbesuchs schauen, stehen auf dem HR-Zeugnis viele verschiedene Fächer: Recruiting / Personalgewinnung, Onboarding, Personaladministration, Mitarbeiterbetreuung, Mitarbeiterbindung / Retention Management, Personalbedarfsplanung / Workforce Planning, Performance Management, Compensation & Benefits, Arbeitgeberattraktivität und Personalmarketing, Arbeitsrecht, Personalentwicklung u.v.m. Vielleicht haben Sie in Ihrem Personalbereich nicht alle Fächer gleichzeitig belegt, und natürlich ist wie in der Schule nicht jede:r in allen Fächern gleich gut oder gleich interessiert. Schon bei dieser Aufzählung wird klar, dass es nicht leicht ist, über alles den Überblick zu behalten. Je nach Aufbau und Philosophie des Unternehmens können die Tätigkeiten zum Teil auch den Führungskräften zugeordnet werden – oder vielleicht bietet es sich an, einige Tätigkeiten zentralisiert zusammenzufassen? Welche HR-Fächer sollten Sie vorrangig belegen, und wo reicht es, wenn Sie das Know-how zur Verfügung haben, falls Sie es benötigen? In welchen Fächern wird Ihr Unternehmen in Zukunft mehr Expertise oder zeitliche Ressourcen brauchen? Leider kann es an dieser Stelle keine allgemeingültige Antwort in 1–2 Sätzen geben. Besonders dann, wenn sich Schwerpunkte und Arbeitsweisen über die letzten Jahre hinweg von selbst ergeben haben, lohnt sich eine Bestandsaufnahme. Möglicherweise fühlen sich die gewachsenen Strukturen bequem und vertraut an, könnten bei näherer Betrachtung aber eleganter oder stabiler organisiert werden.
Wie oben bereits angedeutet: Die ideale Struktur eines Personalbereichs gibt es nicht. Ganz allgemein ist das Ziel der Personalarbeit, dass genügend Mitarbeitende mit den richtigen Qualifikationen mit Einsatz und Motivation für alle Aufgaben im Unternehmen zur Verfügung stehen. Die People & Culture-Funktion stellt dies sicher, indem alle nötigen Vorgänge rechtssicher, zügig und kompetent durchgeführt werden. Durch gewachsene Strukturen oder nicht aktualisierte Prozesse wird dieses Ziel mitunter erschwert – wer beispielsweise aufgrund eines Unternehmenszusammenschlusses verschiedene Arten der Bonus-Berechnung innerhalb eines Unternehmens durchführt, bürdet damit der Personalabteilung gehörig Arbeit auf. Je kleinteiliger die Bonusvereinbarungen, desto fehleranfälliger und schwerfälliger wird der dazugehörige Prozess. Wenn diese jährlich auftretende Aufgabe Personen zufällt, die lieber Mitarbeitende betreuen, anstatt sich mit der Excel-Tabelle der Vor-Vorgängerin herumzuschlagen, können die Erwartungen der Mitarbeitenden leicht enttäuscht werden. Eine Bonuszahlung, die eigentlich zur Anerkennung von Leistungen und Steigerung der Motivation gedacht ist, wird so zu einer zähen Angelegenheit mit etlichen Telefonaten, bis endlich alles richtig berechnet ist. An diesem Beispiel lässt sich erahnen, dass sowohl die Struktur des Unternehmens und seiner Compensation & Benefit-Regelungen, als auch die Struktur des HR-Teams durch die Verteilung der Aufgaben, als auch die Gestaltung des Prozesses und der dazugehörigen Dokumente und Prozessschritte erhebliche Auswirkungen auf die Performance von HR und damit die Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Führungskräften hat.
Im Rahmen einer umfassenden HR-Transformation auf Grundlage einer HR Analyse, oft verbunden mit einer Initiative zur Digitalisierung, werden solche „alten Zöpfe” meist mit abgeschnitten. Allerdings ist es nicht immer nötig oder angebracht, sofort die ganz großen Stellschrauben zu bedienen. Eine moderne Struktur der HR-Funktion, wie sie im Buche steht, passt nicht unbedingt zu Unternehmen jeglicher Größe.
„Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht!”. In den Kindersendungen der 80er und 90er war es so schön einfach: Man entscheidet sich für eine Antwort, stellt sich entsprechend auf, und nach einem kurzen Moment der Spannung bekommt man ein eindeutiges Feedback. In der täglichen Personalarbeit gibt es (hoffentlich) einzelne Momente, in denen man die Übereinstimmung des eigenen Handelns mit den übergeordneten Zielen spüren kann und durch die Reaktionen der Kontaktpersonen bestätigt wird, dass etwas richtig läuft. Besonders dann, wenn man den Dienstleistungsgedanken von HR verinnerlicht hat, schaut man gern in glückliche Gesichter, wenn ein Anliegen rund um Personalthemen gelöst werden konnte. Auch das Gegenteil, nämlich deutlich ausgesprochene Unzufriedenheit, ist klar zu bemerken. Hier jedoch fragt man sich oft: Liegt es an mir, dass der:die Mitarbeiter:in unzufrieden reagiert hat? Oder liegt es an der verwendeten HR-Software, am Prozess oder an den Strukturen, die nicht genügend Schnelligkeit und Flexibilität ermöglichen? Wo machen wir bereits einiges richtig, aber was läuft vielleicht falsch?
Am schwierigsten zu beurteilen ist die Frage nach richtig oder falsch, wenn es kein klares Feedback gibt. Wenn sich bereits alle Beteiligten an einen umständlichen Prozess gewöhnt haben, plätschern beispielsweise die Einstellungen so vor sich hin. Viele Rahmenbedingungen ändern sich nur langsam, sodass der wenig elegante Recruitingprozess über die Jahre immer weniger Bewerbende anzieht und die Gewinnung von Fachkräften nur nach und nach mühsamer wird. Wie lange ist die vorhandene Arbeitsweise noch richtig, und wann ist der Zeitpunkt zur Modernisierung gekommen? Anders formuliert: Was machen wir richtig, und was könnten wir noch besser machen?
Idealerweise denkt man über solche Fragen nach, bevor ernsthafte Schwierigkeiten auftreten oder man durch äußere Ereignisse gezwungen wird, die eigene Arbeitsweise anzupassen. Hier gilt es, sich vom Tagesgeschäft kurzfristig zu lösen, um mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme diejenigen Felder und Prozesse zu identifizieren, auf denen in den nächsten Monaten oder Jahren Handlungsbedarf entstehen kann. „Never change a running system” ist ein beliebter Satz, wenn man keinen Überblick über nötige oder mögliche Veränderungen hat. Dennoch braucht man eine klare Einschätzung, ob das laufende System noch gut genug funktioniert, oder ab wann das „running system” zu sehr stolpert, oder durch eine noch schneller und stabiler laufende Version ersetzt werden sollte. In der IT kann der:die Administrator:in mit Rat und Tat zur Seite stehen, doch auch im Bereich HR lohnt sich der Austausch mit Expert :innen.
Eine Bedienungsanleitung für HR gibt es in der Form nicht – Berichte über Best Practices können inspirierend, aber manchmal auch entmutigend wirken. Als erster Schritt empfiehlt sich eine Bestandsaufnahme, um die Funktionalität der aktuellen Prozesse und Strukturen zu betrachten, und um mögliche „blinde Flecken” in operativen oder strategischen Fragen aufzuspüren. Vielleicht gibt es Kleinigkeiten, die als Quick Win bereits eine Verbesserung der Personalarbeit bringen können. Vielleicht kann punktuell eingesetzte Expertise den HR-Bereich auf sicherere Füße stellen. Eventuell gibt es Themen, die jetzt noch nicht akut sind, aber in naher Zukunft relevant werden. Je früher Sie Ihre Wachstumsfelder in HR aufdecken, desto besser können Sie entscheiden, wie Sie damit umgehen wollen. Eine Analyse der Strukturen und Prozesse Ihrer Personalabteilung kann Ihnen den Impuls geben, diejenigen Dinge zu ändern, die sich schon länger nicht mehr richtig anfühlen. Falls Sie bei einem Thema ein Fragezeichen haben, ob Ihr bisheriges Vorgehen wasserdicht ist, kann eine positive Bestätigung befreiend wirken - und ein negativer Befund zeigt Ihnen klar, woran Sie sind. Auch für die Zukunftssicherung des Unternehmens gibt ein HR Audit wertvolle Hinweise.
Im Rahmen unserer HR Beratungsservices bieten wir Ihnen die Möglichkeit, die Ausrichtung und Prozesse Ihrer Personalabteilung unkompliziert zu überprüfen. Unser HR-Check-Up-Paket beinhaltet die Beantwortung eines individuell angepassten Online-Fragebogens sowie die Analyse Ihrer HR-Dokumente durch unsere erfahrenen HR Consultants. Darüber hinaus vereinbaren wir mindestens einen gemeinsamen Termin, um noch tiefer in Ihre HR-Welt einzutauchen und eine umfassende Bewertung durchzuführen. Je nach gewähltem Paket bieten wir verschiedene Analysetiefen an, um den individuellen Anforderungen Ihres Unternehmens gerecht zu werden. Mit unserem HR-Check-Up erhalten Sie wertvolle Einblicke, um Verbesserungspotenziale zu identifizieren und Ihre Personalabteilung effizienter und zukunftsfähiger zu gestalten.