Wie sieht bei Ihnen die Fehlerkultur im Unternehmen aus? Wann ist zuletzt in Ihrem Unternehmen etwas schiefgelaufen? Wenn Ihre Antwort “Gar nicht” ist, spricht das nicht unbedingt für eine offene Fehlerkultur. Oder Sie arbeiten in einem hoch regulierten Umfeld, aber dazu kommen wir später. Wo Menschen arbeiten, geschehen in aller Regel Fehler: Errare humanum est, wie bereits Seneca, vermutlich seufzend, feststellte. Im Folgenden wollen wir uns drei Faktoren anschauen, wie wir oftmals mit Fehlern umgehen und welche Auswirkungen das für unsere Zusammenarbeit, aber auch für die Innovationskraft eines Unternehmens haben kann.
Wer mit kleinen Kindern Zeit verbringt, kann beobachten, wie sie ganz unbefangen an Neues herangehen und spielerisch ausprobieren, wie etwas geht. Fehlschläge sind dabei keine Katastrophe, sondern ganz natürlich. Leider ist es mit der Unbeschwertheit vorbei, sobald die Kinder in die Schule kommen: Wir bringen ihnen bei, auf Fehler zu achten, oder besser gesagt, Fehler unbedingt zu vermeiden. Wer etwas falsch macht, bekommt eine schlechte Note; bei einem Fehler ertappt zu werden, fühlt sich an wie eine Niederlage. (Die Autorin dieser Zeilen hat das damalige Mindset so sehr verinnerlicht, dass sie keine Tippfehler macht. Schauen Sie nach, wenn Sie es nicht glauben!) Das Vermeiden von Fehlern ist leider das Gegenteil einer produktiven Fehlerkultur – es macht langsam und ängstlich.
Da wir seit der Schulzeit für Fehler bestraft werden, versuchen wir, dieses Erlebnis zu vermeiden. Wenn nur mir selbst dieser Fehler aufgefallen ist, und ich davon ausgehen kann, dass es kein gravierender Fehler ist – vielleicht ist es besser, einfach nichts zu sagen? Möglicherweise fällt der Fehler nicht weiter auf und wir kommen auf diese Weise schneller voran, als wenn wir ausgiebig auf Fehlersuche gehen? Unglücklich nur, wenn meine eigene Einschätzung des Fehlers (“wird schon nicht so schlimm sein”) zu kurz greift und der kleine Fehler zu Beginn im weiteren Verlauf große Auswirkungen (für jemand anderen) hat.
Ein weiterer Faktor im Umgang mit Fehlern in Unternehmen ist die Frage nach der Verantwortlichkeit. Wenn Fehler etwas Schlimmes sind, ist es angenehmer, nicht dafür verantwortlich gemacht zu werden. Beim Diktat können Schulkinder nicht leugnen, dass sie selbst den Schreibfehler gemacht haben, aber sobald der oder die Schuldige nicht offensichtlich ist, liegt Kindern und Erwachsenen schnell der Satz “Das war ich nicht!!” auf der Zunge. Ich kenne sogar Begebenheiten aus Unternehmen, bei denen für einen Fehler fälschlicherweise der Azubi beschuldigt wurde, weil der oder die Projektleiter :in vor dem Kunden den Fehler nicht auf seine eigene Kappe nehmen wollte. Hier besteht die Fehlerkultur im Unternehmen nicht nur aus Vermeidung von Fehlern, sondern sogar in der Leugnung von Verantwortung und Sündenbock-Mentalität.
“Aber was ist mit der Flugzeugindustrie?”, können Sie jetzt fragen. Ein berechtigter Einwand: Immer dann, wenn es potenziell um Menschenleben geht, dürfen Fehler nicht mit einem nachsichtigen Schulterzucken hingenommen werden. In einem so genannten hoch regulierten Umfeld (Pharma und Medizin, Kernkraft, Luftfahrt und einigen mehr) existieren zu Recht strenge Vorschriften und Sicherheitsvorkehrungen, damit Fehler und Mängel entweder nicht passieren oder rechtzeitig bemerkt und behoben werden. In diesem Fall bedarf es einer speziellen Fehlerkultur im Unternehmen – besonders Faktor Nr. 2 “vielleicht merkt es ja keiner” muss radikal abgestellt werden. Je schneller ein Fehler thematisiert wird, desto schneller kann er korrigiert werden. Das bedeutet, dass die Fehlerkultur im Unternehmen dazu passen muss, welche Auswirkungen ein Fehler haben kann. Wenn Sie sich das nächste Mal ärgern, weil Sie bei der Präsentation vor der Geschäftsführung doch noch einen Tippfehler finden, freuen Sie sich lieber, dass Sie gerade nicht bei Ihrer :m Patient :in den falschen Zahn gezogen haben.
Was ist denn nun eine offene Fehlerkultur für ein Unternehmen? Ein bekanntes Sprichwort gibt uns einen wichtigen Hinweis: Aus Fehlern kann man wunderbar lernen, wenn nicht jeder Fehler sofort als Katastrophe betrachtet wird. Das ist auch der Grund, weshalb Schulkinder für ihre Diktate aufwendige Berichtigungen anfertigen sollen; leider steht meist die Beschämung über den Misserfolg zu sehr im Vordergrund, als dass eine echte Fehleranalyse für einen Lernerfolg sorgen könnte. Wer versucht, gemäß Faktor 1) Fehler zu vermeiden, geht bei seiner Arbeitsweise auf Nummer Sicher und beraubt sich so selbst der Möglichkeit, zu lernen. Um dementsprechend eine positive Fehlerkultur im Unternehmen anzustreben, müssen Fehler als das angesehen werden, was sie sind: menschlich. Damit wird Druck genommen und es ergeben sich ganz neue Optionen. So gibt es in der Menschheitsgeschichte viele Beispiele, wie ursprüngliche Fehler zu Innovationen geführt haben. Unter anderem ist die Mikrowelle, die 1945 von Percy Spence erfunden/entdeckt wurde, ein reines Zufallsprodukt. So schmolz die Schokostange, die Spence in seiner Hosentasche hatte, als er versuchte, Radargeräte zu verbessern. Genauso ist Penicillin eine Zufalls- bzw. Fehlererfindung, wie auch Post-its.
Fehler sollten also akzeptiert werden. Doch was ist, wenn der gleiche Fehler immer und immer wieder gemacht wird? Oder sich Fehler häufen? Schließlich können andauernde Missgeschicke den Betriebsalltag auch stören. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass natürlich nicht jeder Fehler zu einer Innovation beiträgt oder eben notwendig ist. Doch müssen für solch eine Einschätzung die Umstände, aus denen ein Fehler entstanden ist, genau betrachtet werden. Das Schlüsselwort hier lautet Kommunikation. Wie in so vielen Situationen kann das Führen von Gesprächen schon enorm helfen. So können Fehler identifiziert und das Lernen aus dem Fehler sichergestellt werden, so dass sich dieser eben nicht wiederholt. Bei diesem Austausch kann die Angst vor Fauxpas genommen und ein klares Signal gesetzt werden. Dabei können auch Weiterbildungen für Führungskräfte unterstützen, die helfen, Fehler besser zu analysieren.
Na gut, wie sorgt man nun aber dafür, dass eine solch positive Kultur eingeführt wird. Natürlich könnte man jetzt einfach eine Risikoanalyse durchführen, Ziele setzen, eine neue Routine starten und Gespräche über die Entwicklung führen. Allerdings lässt sich nun mal eine positive Fehlerkultur ins Unternehmen nicht einfach so implementieren. Wie oben schon erwähnt, reden wir hier von einem gesellschaftlichen Problem. Das einzige, was Sie tun können, ist die Kommunikation mit Ihren Mitarbeitenden zu stärken. Darunter gehört auch das Einführen einer Feedback- bzw. Feedforwardkultur, um vermeidbare Fehler zukünftig auszumerzen. Auch können Sie betonen, dass Fehler in Ordnung, wenn nicht sogar erwünscht sind. Das ist natürlich davon abhängig, wie Sie Ihre Fehlerkultur gestalten wollen. Hier kann ein Experte für eine bessere Einschätzung der Situation behilflich sein. Auch sollten Sie Ausrutscher nicht bestrafen, gemäß dem, dass diese Ihnen gemeldet und nicht versteckt wurden. Nach einem Fauxpas können Sie im Team zusammenkommen und gemeinsam Lösungen finden. Damit kann ein Lerneffekt für die gesamte Gruppe entstehen. Mit am wichtigsten ist allerdings, dass alle Führungskräfte dafür an einem Strang ziehen. Weiterbildungen können dementsprechend unterstützend wirken, um eine angemessene Reaktion auf Fehler vorzuweisen.
Fehler sind alltäglich und so ist es recht leicht zu sagen, dass man eine offene Fehlerkultur fürs Unternehmen aufbauen will. Allerdings lässt sich diese nicht einfach implementieren. Fauxpas sind eine Quelle des Lernens, aber die Art und Weise, wie eine Organisation mit ihnen umgeht, kann auch ihren künftigen Erfolg bestimmen. Genau deswegen ist der produktive Umgang mit ihnen so wichtig. Unterstützend dafür sind Feedbackgespräche, aber auch Führungskräfte Trainings, die sicherstellen, dass ein einheitliches Verständnis für diese Entwicklung besteht. Dadurch kann ein Wandel effizienter durchgeführt werden. Falls Sie Unterstützung in diesem Bereich benötigen, kontaktieren Sie uns doch, wir helfen gerne, Ihre Fragen zu beantworten.