Als Unternehmen attraktiv zu sein bedeutet, eine hohe Anziehungskraft auf potenzielle zukünftige Mitarbeitende auszuüben und bestehende Kollegen/Kolleginnen langfristig halten zu können. Doch was genau heißt das eigentlich? Woher weiß ich, was mein Unternehmen anziehend macht? Und wie kann ich das dann im Business Alltag nutzen?
Arbeitgeberattraktivität findet auf zwei verschiedenen Ebenen statt. Auf der internen Ebene wollen Unternehmen die aktuellen Mitarbeitenden langfristig binden, um ihren Erfahrungsschatz nicht zu verlieren. Dies können sie vor allem durch eine hohe emotionale Bindung und durch gute Arbeitsbedingungen erreichen. Auf der externen Ebene geht es darum, auf potentielle zukünftige Kollegen/Kolleginnen am Arbeitsmarkt anziehend zu wirken. Hierbei kommt es auf eine stimmige Außendarstellung und „öffentlich bekannte” Rahmenbedingungen, wie z.B. Tarifgehälter, an. Um tatsächlich eine hohe Arbeitgeberattraktivität, dadurch langfristig zufriedene Mitarbeitende und möglichst schnelle und erfolgreiche Stellenbesetzungen zu erreichen, müssen also beide Ebenen bedient werden.
Die Bildung einer Arbeitgebermarke (Employer Branding) ist für jedes Unternehmen ein individueller Prozess, da die Auswahl der für das Unternehmen passenden Instrumente aus der eigenen Unternehmenskultur, den Persönlichkeiten und der Unternehmensgeschichte hervorgeht. Es steht jedoch für alle Unternehmen fest, dass die aktive Nutzung der Instrumente zur Positionierung als attraktiver Arbeitgeber einen konkreten Nutzen mit sich bringt. Durch eine erhöhte Mitarbeitendenbindung, sinkende Krankenstände und schnelle Stellenbesetzungen werden messbare wirtschaftliche Vorteile erzielt. Zudem steigert eine positive Außenwahrnehmung nicht nur das Interesse von potentiellen zukünftigen Teammitgliedern, auch potentielle Kunden/Kundinnen können durch das positive Image überzeugt werden.
Viele der nachfolgend beschriebenen Beispiele mögen für Sie selbstverständlich wirken und genau das ist der Kern der Sache. Die meisten Unternehmen verfügen über ein dickes Plus auf der Haben-Seite, der Dinge, die für Arbeitgeberattraktivität sorgen. Aber häufig ist es Ihnen nicht bewusst oder es wird nicht in der Außendarstellung genutzt. Die folgenden Beispiele zeigen Möglichkeiten und Methoden, die selbstverständlich nicht in Gänze umgesetzt werden müssen. Hier ist Kreativität gefragt, um die zum Unternehmen passenden Vorgehensweisen zu identifizieren und zu beschreiben.
Die Unternehmenskultur bildet die Seele des Unternehmens ab, denn sie ist die Summe der Verhaltensweisen, Persönlichkeiten, Werte und Entscheidungen. Wenn sich die Unternehmenskultur mit den (Wert-)Vorstellungen von Mitarbeitenden oder Kandidaten/Kandidatinnen überschneidet, spricht man vom sogenannten Cultural Fit, welcher zu einer beidseitig zufriedenstellenden Zusammenarbeit führt.
Wenn schon in der Außendarstellung erkennbar ist, durch welche Art von Unternehmenskultur die Firma geprägt ist, steigert dies die Anzahl der passenden Bewerbungen, da Menschen sich intuitiv vorwiegend bei Unternehmen bewerben, die ihren Wertvorstellungen entsprechen.
Zueinander zu passen bedeutet wiederum ein gutes Arbeitsklima, da die Teammitglieder eine ähnliche Erwartungshaltung aneinander und an das Unternehmen haben. Und das Beste daran ist: Spaß an der Arbeit fördert Bindung zum Unternehmen überproportional. So führt eine gute Stimmung im Unternehmen dazu, dass weniger positiv ausgeprägte Merkmale, wie z.B. zu leistende Überstunden, in den Hintergrund treten.
Ein gutes Arbeitsklima kann auch durch die Arbeitgeber gefördert werden, indem sie selbst dazu beitragen, jedem:r neuen Mitarbeiter:in ein förderndes Onboarding zu ermöglichen und den Mitarbeitenden den Raum geben, sich auch mal einen Scherz zu erlauben oder einen privaten Plausch zu halten.
Viel wichtiger, als zum Beispiel monetäre Anreize, ist es, den Angestellten moderne Arbeitsstrukturen zu bieten. Das bedeutet, den Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen, die Arbeitsprozesse und vor allem auf das eigene Arbeitsgebiet, zu nehmen.
Auch eine transparente Arbeitsorganisation, die nachvollziehbar ist und vor allem die Aufgabenverteilung anhand von Neigungen, Stärken und Potentialen vornimmt, zahlt auf die Motivation in der täglichen Arbeit ein. Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitenden über die Aufteilung von Arbeitspaketen und beziehen Sie Wünsche und Anregungen mit ein.
Die höchste Identifikation mit dem Unternehmen erreichen Sie, wenn die Tätigkeit in Ihrem Unternehmen sinnstiftend ist. Dies kann zum Beispiel der Nutzen für die Gesellschaft sein oder ein anderes höheres Ziel als der reine Selbstzweck einer Unternehmung.
Sollte Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nicht per se sinnhaft sein, können Sie sich zum Beispiel regional engagieren und auf diesem Wege einen gesellschaftlichen Nutzen schaffen und die intrinsische Motivation Ihrer Mitarbeitenden verbessern.
Jede Führungskraft hat durch ihre Art und Weise, mit den Mitarbeitenden umzugehen zum einen eine wichtige Vorbildfunktion und zum anderen einen hohen Anteil an der wahrgenommenen Unternehmenskultur.
Der Umgang von Führungskraft zu Mitarbeitenden hat starken Einfluss darauf, wie sich auch Teammitglieder untereinander verhalten und ob sie, zum Beispiel erzeugten Stress oder besonderen Spaß an ihrer Tätigkeit, an die Kunden/Kundinnen weitertragen.
Eine offene und wertschätzende Kommunikation stärkt gravierend das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden und fördert das Gefühl, persönlich wahrgenommen zu werden. Sie fühlen sich emotional an die Arbeitgebenden gebunden.
Auch durch klassische Tools aus der Personalarbeit wie zum Beispiel Personalentwicklung, Gesundheitsmanagement oder Arbeitszeitgestaltung lässt sich die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität steigern. Bei diesen Punkten geht es vor allem um die individuellen Bedürfnisse der Teammitglieder, angepasst an deren aktuelle Lebenssituationen.
Besonders jungen Mitarbeitenden sind oftmals die Weiterbildungs- und Aufstiegschancen in einem Unternehmen besonders wichtig. Nehmen Sie sich die Zeit mit aufstrebenden Mitarbeitenden in regelmäßigem Turnus zu sprechen und Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die dazugehörigen Karrierewege aufzeigen.
In anderen Lebenssituationen ist einzelnen Mitarbeitenden vielleicht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besonders wichtig, wenn heranwachsende Kinder zur Familie gehören oder nahe Angehörige gepflegt werden müssen. In diesen Fällen kommt es den Mitarbeitenden häufig entgegen, wenn die Anpassung von Arbeitszeitmodellen vorgenommen werden kann - zum Beispiel durch erhöhte Flexibilität, eine reduzierte wöchentliche Stundenzahl oder an die Bedürfnisse angepasste Start- oder Endzeiten.
Aber auch zusätzlicher Urlaub ist eine monetär „günstigere” Variante als mit reinen Gehaltserhöhungen zu locken, zumal sich eine erhöhte Anzahl an Urlaubstagen auch nachhaltig auf die Motivation und körperliche sowie geistige Energie auswirkt.
Natürlich ist es nicht verkehrt auch finanzielle Anreize zu nutzen. Grundsätzlich zahlt ein gerechtes Entgelt auf das Wohlbefinden ein, ist aber kein Wundermittel. Wenn das Entgelt eher gering ist, können die anderen Maßnahmen darüber meist nicht hinwegtrösten, denn je nach Lebenssituation der Mitarbeitenden kann dieser Aspekt sehr wichtig sein. Allerdings ist zur Steigerung der Motivation eine Steigerung der Vergütung nicht das effektivste Mittel, denn der Effekt verpufft sehr schnell, wodurch Erhöhungen in regelmäßigen Abständen notwendig werden, um dies als losgelöstes Instrument der Mitarbeitendenzufriedenheit zu nutzen. Ergo: Ein passendes Entgelt ist wichtig für die Arbeitgeberattraktivität, durch besonders hohe Gehälter lässt sich allerdings keine gleichbleibende Steigerung mehr erreichen.
Alle beschriebenen Instrumente können in die laufenden Prozesse des Unternehmens integriert und so in den Arbeitsalltag eingebettet werden. Haben sich die Aktivitäten, im betrieblichen Tagesgeschäft etabliert, steigert sich die Arbeitgeberattraktivität immer weiter.
Es funktioniert jedoch nur, wenn die Maßnahmen verstetigt werden. Ausgehend von der positiven Einstellung der Unternehmensführung, die diese Art zu Arbeiten vorlebt und dahintersteht. Vorgaben von außen können nicht nachhaltig gelebt werden.
Die Frage was ein bestimmtes Unternehmen sexy macht, ist komplex. Hier kommen viele Faktoren zusammen, die wechselwirksam auf die Arbeitgeberattraktivität einwirken und sehr stark durch die Art und Branche des Unternehmens, die Region und auch die Mitarbeitenden beeinflusst wird.
Es gibt also kein Patentrezept zur Implementierung einer Kombination aus idealen Tools zum Employer Branding, es geht darum Ideen zu generieren. Ideen, die sich gut anfühlen und die zu Ihrem Unternehmen passen und Ihre Stärken unterstreichen.
Die Frage, was an einem Unternehmen für Arbeitnehmende attraktiv ist, bildet die Basis für die strategische Nutzung der individuellen Vorzüge, die ein Unternehmen hat. Zu Beginn sollte sich jede:r Unternehmer:in selbst die Frage stellen „Was denke ich über mein Unternehmen?”. Es lohnt sich, in sich zu gehen und diese Frage wirken zu lassen.
Diese erste eigene Einschätzung ist sehr subjektiv, enthält aber auch viele wichtige Fakten. Um ein breiteres Bild entstehen zu lassen, sollten (möglichst viele) Mitarbeitende und auch Kunden/Kundinnen zu ihrer Sicht auf das Unternehmen und dessen Besonderheiten befragt werden. Hierzu muss es keine offiziell angelegte Befragung geben. Es lohnt sich auch hier, sich die Zeit zu nehmen und persönlich darüber zu sprechen. Wenn Sie diesen Gesprächen offen gegenüberstehen und nach der ehrlichen Meinung Ihrer Gesprächspartner:innen fragen, werden Sie viel mehr über Ihr Unternehmen und die Menschen erfahren, als durch einen Fragebogen.
Mit den gewonnenen Informationen kann dann die Vermarktung der Arbeitgeberattraktivität ausgebaut werden. Die positiven Feedbacks können direkt genutzt, und als Stärken des Unternehmens unterstrichen und herausgestellt werden. Durch kritische Anmerkungen werden Problemstellen bekannt und können angegangen werden. In einem engen Dialog mit den Feedbackgebenden, können passende Lösungen für eine nachhaltig zufriedenstellendere Zusammenarbeit auf beiden Seiten erarbeitet werden. Hier gilt: Seien Sie mutig im Dialog und im Ausprobieren. Bewährtes behalten und ausbauen, Neues testen und Unbefriedigendes beseitigen.
Zur Bekanntmachung der eigenen Vorzüge als Arbeitgeber können und sollten sämtliche Marketingkanäle genutzt werden. Angefangen bei der Ausrichtung der Firmenhomepage auf die Unternehmenswerte und besonderen Vorzüge, über die Gestaltung von Stellenanzeigen, bis hin zur aktiven Nutzung von Social Media. Insbesondere durch die Nutzung dieser Social Media Kanäle, können kleine Alltagsgeschichten und die aktive Einbindung von Mitarbeitenden sehr effektiv sein, um die Aufmerksamkeit potenzieller Bewerber:innen zu erhalten. Durch die persönliche Darstellung des Arbeitsalltags, vermitteln Sie bereits Unternehmensexternen ein Zugehörigkeitsgefühl.
Auf der anderen Seite müssen Sie vielleicht gar nicht viel unternehmen, denn zufriedene Mitarbeitende erhöhen automatisch Ihre Sichtbarkeit! Durch Mund-zu-Mund-Propaganda, denn sagen zu können, „in dem tollen Unternehmen - von dem jeder weiß wie toll es ist - da arbeite ich” fühlt sich richtig gut an und macht Neugierig.
Quellen: HWK Münster Fotos: Austin Distel on Unsplash