Aktuell gehören mehr als ein Drittel der in Deutschland Beschäftigten zur Generation 50 Plus. Sie bilden zurzeit also die größte “Generationen-Gruppe”. Im Angesicht des demographischen Wandels und des einhergehenden Ringens um Talente, sollten Arbeitgeber den Wert ihrer erfahrenen „älteren“ Mitarbeitenden erkennen und entsprechende Maßnahmen ableiten, um für ihre Silver Worker attraktiv zu bleiben. Denn nur auf die Jüngeren zu setzen, ist schon rein rechnerisch zu kurz gedacht. Eine zukunftsorientierte Ausrichtung eines Unternehmens erfordert die Diversität und Erfahrung von Menschen mit vielfältigen Lebensläufen und Kenntnissen, welche die Silver Worker durch ihre langjährige Berufs- und Lebenserfahrung mitbringen.
Die meisten Unternehmen kennen die Herausforderungen, die mit einer alternden Belegschaft einhergehen. Doch dieses Wissen mündet im Großteil der Fälle nicht in tatsächlichen Maßnahmen. Und auch wenn sich die Wahrnehmung verändert und die Relevanz der Thematik hoch ist, fehlen vielen Arbeitgebern konkrete Handlungsansätze, wie sie mit dieser Entwicklung umgehen sollen.
Was können Sie tun, um die Leistung, Arbeitsfähigkeit und Gesundheit Ihrer – vor allem älteren – Mitarbeitenden zu fördern? Wie kann man den Bedürfnissen von jüngeren und älteren Beschäftigten in einem Unternehmen gleichermaßen gerecht werden?
Die Generation 50 Plus vereint zahlreiche positive Eigenschaften von denen Unternehmen profitieren können und die in Stellenanzeigen häufig wortwörtlich gesucht werden:
Die tatsächlich langjährige Berufserfahrung und ein hohes Fach- und Branchenwissen, bewirken, dass sie sich gut in neue Themen einarbeiten und durch ihr Expertenwissen andere Aspekte oder Vorgehensweisen einbringen können. Sie verfügen oftmals auch über ein großes berufliches Netzwerk mit persönlichen Beziehungen, welches sie sich über die Jahre aufgebaut haben, was in vielen Berufen und Branchen fast das wichtigste Gut ist. Generell kann bei Silver Workern davon ausgegangen werden, dass sie aufgrund Ihrer langjährigen Erfahrungen verantwortlich handeln, selbstbewusst und sicher agieren. Ein weiterer entscheidender Vorteil der Generation 50 Plus ist die Verlässlichkeit und es kann von einer konstanteren Zusammenarbeit ausgegangen werden, da die Wechselwilligkeit in dieser Generation eher niedrig und die Familienplanung vermutlich abgeschlossen ist.
Zudem darf nicht in Vergessenheit geraten, dass die meisten ab 1964 Geborenen bis zu Ihrem 67. Geburtstag arbeiten und den Unternehmen damit auch noch bis zu 17 Jahre nach dem 50. Geburtstag zur Verfügung stehen können. Darüber hinaus steigt der Anteil derer, die auch nach offiziell erreichtem Renteneintrittsalter gerne weiterhin in ihrem Beruf tätig bleiben möchten. Ein Grund hierfür mag die steigende Altersarmut sein, aber auch die Freude an der Tätigkeit und das Engagement für eine bestimmte Aufgabe motivieren dazu, noch deutlich länger als die benannten 17 Jahre im Job aktiv zu bleiben und dadurch dem Arbeitgeber einen wichtigen und konstanten Mehrwert zu liefern. Natürlich ist die Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Bedürfnisse am Arbeitsplatz, individueller Förderung und betrieblicher Gesundheitsfürsorge am erfolgversprechendsten.
Diese positiven Aspekte werden in der Realität der Arbeitswelt oftmals von Vorurteilen überstrahlt. So heißt es, ältere Mitarbeitende seien unflexibel, kämen mit der Digitalisierung nicht zurecht oder seien häufig krank. Wenn Vorurteile zu Urteilen werden, werden sie schnell zu Tatsachen. Wenn sich Arbeitgeber jedoch darum Bemühen eine Arbeitswelt und Unternehmenskultur zu schaffen, in der alle Mitarbeitenden berücksichtigt werden und sich mit ihren Stärken einbringen können, können diese Phänomene nicht belegt werden.
Die Digitalisierung und Demografie verändern die Arbeitswelt immens. Die Älteren sind nicht mit den heutigen Technologien aufgewachsen, daher erfolgt die Bedienung und das Neuentdecken bei vielen weniger intuitiv, als bei vielen Jüngeren, und für manche stellt die zunehmende Smart World eine Herausforderung dar. An diesem Punkt gilt es, die Kolleg:innen mitzunehmen und sie mit Workshops und Weiterbildungen für die Digitalisierung fit zu machen. Hilfreich ist auch der generationenübergreifende Austausch zwischen den Jungen und Älteren bzw. zwischen It-affinen und Lernwilligen. Die Natürlichkeit, mit der die Generation Y als Digital Natives in der Smart World agiert, kann sich auch auf die Silver Worker auswirken, wenn beide an einem Strang ziehen. Zudem werden das gegenseitige Verständnis und das Teamgefühl durch gemeinsames Lernen gefördert. Und wenn wir ehrlich sind, betrifft dieses Thema nicht generell ältere Personen. Manche Menschen sind IT-affin, andere eher nicht. Daher ist dies ein wichtiges Beispiel dafür, auf die Bedürfnisse der Menschen aller Generationen zu schauen, um die auf dem Weg von dort mitzunehmen wo sie stehen.
Während also die jungen Kolleg:innen die Alteingesessenen auf die Reise in die Welt der Digitalisierung mitnehmen, können sie von deren Erfahrung profitieren. Mit 55 Jahren ist so viel Know How und Berufserfahrung vorhanden, dass sich die jüngere Generation zahlreiche Kniffe abschauen kann und zukünftig auch davon profitiert – ebenso wie das Unternehmen, in dessen Interesse es sein sollte, vorhandenes Know How nicht zu verlieren.
Einen Wissensvorsprung liefern Silver Worker vor allem dann, wenn sie von Anfang an in Entscheidungsfindungsprozesse einbezogen werden. Durch Ihre Prozesskenntnis und Erfahrung können sie oftmals Entwicklungen vorausschauend gut einschätzen und Situationen nüchterner Betrachten als manches Greenhorn. Eine “Mich-bringt-nichts-aus-der-Ruhe,-ich-habe-alles-schon-gesehen”-Einstellung wirkt sich positiv auf die Zusammenarbeit von Teams aus, vermeidet Aktionismus und führt zu umfassend durchdachten Entscheidungen.
Für einen wertschätzenden Einbezug aller Generationen ist es wichtig, die genauen Bedürfnisse der Zielgruppen zu kennen. Dabei ist einiges an Kreativität gefordert, um je Generation die passenden Mittel im optimalen Mix auszuwählen. Bei den Bedürfnissen der Generation 50 Plus steht oftmals die Sicherung der Fachkompetenz im Fokus. So wollen die meisten Mitarbeitenden weiterhin fachlich gefördert werden und ihre Kompetenzen weiterentwickeln bzw. ausweiten.
Weitere Möglichkeiten, um Mitarbeitende langfristig im Unternehmen zu halten, sind die Gewährleistung einer optimalen Work-Life Balance sowie flexible Arbeitszeitmodelle.
Nicht zu unterschätzen ist ebenso die berufliche Anerkennung, die in jeder Altersklasse eine Basis für langfristige Beziehungen bildet, sowie die Gleichbehandlung im Rahmen der finanziellen Ausgleiche. Wenn junge Mitarbeitende geldwerte Vorteile erhalten, wie Kostenerstattung für Betreuungsplätze der Kinder, dann wäre es ebenso angemessen, auch die älteren in anderer Form zu berücksichtigen. Zum Beispiel in Form von Gutscheinkarten, deren Möglichkeiten breitere Interessensgebiete abdecken.
An dieser Stelle ist es sinnvoll, neben der Berücksichtigung von Unterschieden der individuellen Bedürfnisse, die Unterscheidungen der Bedürfnisse durch die Generationen-Theorie zu kennen. Dienstwagen, Prestige o.ä. sind Wege der Anerkennung, die traditionell in der Generation 50 Plus gewünscht sind, wohingegen bei den Jüngeren andere Werte vorrang haben. Wie immer bei einer Theorie ist klar, dass diese nicht pauschal für jede:n gilt, aber die Kenntnis darüber kann die Zusammenarbeit und Verständnis füreinander immens verbessern. Vor allem wenn man offen darüber spricht.
Zu den Silver Workern gehören auch rentenberechtigte Mitarbeitende, die vor allem den Spaß und die geistige Herausforderung bei der Arbeit schätzen. Aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht hervor, dass bereits 2015 jeder dritte Betrieb versuchte, Mitarbeitende, die Rentenanspruch haben, zu halten. Dies gelingt vor allem mit kürzeren und flexibleren Arbeitszeiten. Denn die Anforderungen an den Einsatz älterer Mitarbeitender sind hoch. Eine weitere Studie "Trendreport - Digitalisierung und Arbeitsmarkt 2018" macht das deutlich: die befragten Unternehmen fürchten vor allem die fehlende Flexibilität und das höhere Gesundheitsrisiko.
Doch auch hier liegt es an der Kreativität und dem Umsetzungswillen der Entscheider, wie Gesundheitsrisiken oder krankheitsbedingte Ausfälle reduziert werden können.
Um die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Mitarbeitenden länger zu erhalten, müssen natürliche altersbegleitende Veränderungen in Wahrnehmung und Motorik bei der Arbeitsgestaltung berücksichtigt werden. Denn heutzutage scheidet fast jeder dritte Arbeitnehmer vorzeitig aus dem Berufsleben aus. Eine Anpassung der Arbeitsbedingungen kann dem positiv entgegensteuern. Auch wenn das im ersten Moment Investitionen fordert, werden sich diese auf Dauer amortisieren, wenn Mitarbeitende bis ins höhere Alter leistungsfähig bleiben. Das Angebot gesundheitsunterstützender Trainings oder Workshops im Büro, das Fördern einer Mitgliedschaft im Sportverein und regelmäßige Arbeitsplatzuntersuchungen sind nur einige Maßnahmen, um seine Mitarbeitenden zu motivieren.
So können im produzierenden Gewerbe unterstützende und interagierende Maschinen eingesetzt werden, die dem Mitarbeitenden das Heben schwerer Lasten abnehmen. Dadurch werden falsche und gesundheitsschädigende Bewegungen vermieden und unter Umständen sogar die Effektivität gesteigert. Eine weitere Möglichkeit ist das Angebot der Job Rotation. Die Art der Arbeit, die Räumlichkeiten und Arbeitszeiten spielen dabei eine wichtige Rolle. Um einen monotonen Arbeitsalltag zu vermeiden, was für ältere Generationen auch eher belastend als entspannend ist, kann über einen regelmäßigen Wechsel der Arbeitstätigkeit nachgedacht werden. Dies fördert auch die kognitiven Fähigkeiten.
Auch belastungsarme und ergonomische Arbeitsplätze fördern die Produktivität und senken das Gesundheitsrisiko. Dies gilt allerdings nicht nur für die Generation 50+, sondern grundsätzlich für sämtliche Mitarbeitende. Nur wer am Arbeitsplatz gesund bleiben kann, kann langfristig gute Leistungen erbringen.
Die Alterung der Gesellschaft macht Präventionsmaßnahmen notwendig. Generell bieten ältere Mitarbeitende zahlreiche Vorteile, die befürchtete Nachteile ausgleichen. So gleichen 40 Jahre Berufserfahrung eine möglicherweise geringere Geschwindigkeit bei der Informationsverarbeitung aus. Zudem ist altern nicht gleich altern, wenn eine alter(n)sgerechte, belastungsarme und individuelle Arbeitsgestaltung gesichert ist. Vorteilhaft ist es, bereits sehr früh mit der ergonomischen und angepassten Arbeitsplatzgestaltung zu beginnen. Dies mindert zudem gesundheitliche Risiken für junge Mitarbeitende, hält sie fit und macht sie vor allem zufriedener, wie eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zeigt. Demnach würden zwei Drittel der Mitarbeitenden gern bis zur Rente in einem Betrieb bleiben, wenn mindestens eine gesundheitsfördernde Maßnahme angeboten wird. Bei den Befragten ohne eine solche Maßnahme sind es nur gut die Hälfte.
Wer die Herausforderungen der Zeit erkennt und daraus geeignete Maßnahmen für sein Unternehmen und seine Belegschaft ableitet, wird zukünftig einen Schritt voraus sein und über einen deutlichen Wettbewerbsvorteil verfügen. Dazu kann es hilfreich sein, sich externe Expertise hinzuzuziehen, um die optimale Arbeitsumgebung für alle Beschäftigten zu schaffen.