Im “Flow-Sein” oder den “Flow-Zustand erleben” - darauf arbeiten in unserer Leistungsgesellschaft viele Arbeitnehmer hin. In dynamischer Zeiten ist es oft gar nicht so leicht, fokussiert und bei sich zu bleiben. Was wir benötigen, welche Rolle Achtsamkeit dabei spielt und wie es in diesem Jahr funktionieren kann, lesen Sie hier.
Wir haben uns mit Christopher Buschor, Trainer & Coach für die produktive Gelassenheit, unterhalten und er sagt “Ein Flow-Zustand ist zwar wünschenswert, jedoch absolut nicht nötig, um gelassen produktiv zu sein bzw. ist bereits der Weg dorthin sehr wertvoll. Produktivität bedeutet für mich, etwas, bzw. möglichst viel, mit minimalem Aufwand - ob zeitlich oder in anderer Hinsicht - zu erreichen. Natürlich ohne, dass ich mich dadurch mit weniger Qualität zufriedengebe oder sonst irgendwelche negativen Begleiterscheinungen in Kauf nehme”.
Gelassenheit wiederum ist gemäß Wikipedia eine innere Einstellung. Sie beschreibt auf der emotionalen Ebene eine Fähigkeit, mit herausfordernden Situationen gefasst umzugehen oder eine vorurteilsfreie Haltung zu bewahren. Frei nach dem Motto - „Was ist, das ist“. So einfach gedacht. Warum fällt es uns so schwer danach zu leben? Die Hauptursache für den scheinbaren Widerspruch liegt darin, dass das Wort Gelassenheit häufig mit Trägheit oder Faulheit verwechselt wird.
Christopher beschreibt es so: “Dale Carnegie hat es mal verglichen mit dem Versuch Sägemehl zu sägen. Niemand käme auf die Idee, Sägemehl sägen zu wollen. Es ist ja bereits gesägt worden. Und doch versuchen so viele Menschen genau das, wenn sie versuchen die Vergangenheit zu verändern, die z.B. zu einer unzufriedenstellenden aktuellen Situation geführt hat. Nach der Akzeptanz der Gegenwart folgt dann zweitens die Überprüfung, ob ich etwas daran verändern will und kann.
Viele Menschen vergeuden unglaublich viel Energie, indem sie versuchen Dinge zu ändern oder sich darüber zu beklagen, die sie gar nicht verändern können. Als alltägliches Beispiel braucht man sich nur einmal anzuhören, wie viele Menschen sich über das Wetter beklagen. Das ist natürlich vergleichsweise harmlos und gesellschaftlich sehr anerkannt, doch das Prinzip ist genau das gleiche. Du bist im Widerstand mit dem was gerade ist und du obendrein nicht beeinflussen kannst – das Gegenteil von Gelassenheit.”
Faktisch stellen wir uns viel zu oft selbst das Produktivitätsbein, indem wir unveränderlichen Umständen nachtrauern oder sie verteufeln.
Im ersten Schritt zur Produktivitätssteigerung und im Gelassenheitstraining können wir Störquellen beseitigen. Achtsamkeit & Fokus sind hier die Zauberwörter. Sei es die Ablenkungsquelle schlechthin - das Smartphone - oder aber auch Benachrichtigungsfunktionen unseres Rechners. All das holt uns, wenn auch nur kurz, aus der aktuellen Tätigkeit raus. Untersuchungen haben ergeben, dass uns selbst ein stilles Handy bereits ablenkt, daher verbannen Sie es für einen gewissen Zeitraum, in dem Sie sich konzentrieren möchten, einfach direkt aus Ihrer Reichweite.
Nach einer Ablenkung benötigen wir bis zu 20 Minuten, um wieder in den gleichen Arbeitsrhythmus zu gelangen, den wir durch eine klitzekleine Ablenkung verloren haben. Das allein schon 20 Minuten gespart, wenn wir uns gar nicht ablenken lassen. Ein lauter Umgebungsgeräuschpegel setzt uns außerdem unter Stress, minimieren Sie diesen, so weit es geht. Wir wissen auch von unseren Kollegen, dass dies beispielsweise beim Homeschooling oder mit kleineren Kindern gar nicht so leicht möglich ist. Gleichzeitig sind bereits 15 Minuten weniger Stress durch die Umgebungsgeräusche für unseren gesamten Arbeitsablauf und unseren Körper schon die reinste Produktivitätswohltat.
Christopher beschreibt es so: ”Die Produktive Gelassenheit ist mehr als die Summe von Produktivität und Gelassenheit. Die Summe wäre, hart zu arbeiten, sich vielleicht immer wieder ablenken und stören zu lassen, durch Überstunden die geringere Produktivität im Gesamten wieder steigern zu wollen, und sich im Anschluss davon zu erholen, also gelassen zu sein. Viele Menschen praktizieren genau das. Sie arbeiten den ganzen Tag hart und fallen abends erschöpft und müde auf die Couch. Sie tanken Kraft im Urlaub und am Wochenende, um dann wieder fit für die Arbeit zu sein und sich dort die Energie erneut rauben zu lassen. „GSDF – Gott sei Dank Freitag“ motivierte der größte bayerische Privatradiosender stets zum Wochenende: Also die anstrengende Produktivität (die häufig gar nicht so produktiv war) beenden, zwei Tage erholen und dann… Ohje, Montag, Gelassenheit adé, das Ganze wieder von vorne. Dass das keine zufriedenstellende Lösung ist, ist – hoffentlich - offensichtlich.”
Weit verbreitet in der Arbeitswelt sind tief verankerte Überzeugungen, auch Glaubenssätze, wie beispielsweise „Richtige Arbeit ist hart und anstrengend“ oder „wer einen verantwortungsvollen Job hat und stets tief entspannt und zufrieden ist, der nimmt seinen Job nicht ernst“. Zudem steigert sich der schlechte Ruf von Gelassenheit mit zunehmender Verantwortung der Mitarbeitenden.
Was uns wirklich hilft bei der Vereinbarkeit, sind klare Strukturen, klare Ziele mit entsprechender Priorisierung und die Vermeidung von Multitasking durch Achtsamkeit, also dem Fokus auf einer Sache. Für viele bedeutet dies eine ganzheitliche Veränderung in der Arbeitsweise, jedoch sind die Ergebnisse im Hinblick auf Stressreduktion und Produktivitätssteigerung nicht wegzudiskutieren.
Gleichzeitig dürfen wir nicht den Fehler begehen, von einer Optimierung in die nächste zu steuern. Vielmehr lohnt sich auch ein Richtungswechsel. Warum nicht im nächsten Workshop oder Seminar mit Gelassenheit anfangen und nicht mit Produktivität. Auch aus Christopher’s Erfahrung kommt es in Unternehmen häufiger vor, dass Maßnahmen gefördert werden, die zur Produktivität beitragen. “Häufig gehen nämlich Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung nach hinten los, wenn dadurch mehr Stress entsteht, entsprechend auch mehr Fehler passieren, die Mitarbeitenden häufiger krank werden, usw.” Viel zu häufig geht es noch immer um den Druck, des “Schaffen-Müssens” - Ich muss dies schaffen, ich muss jenes schaffen – Damit blockieren wir unsere eigenen Ressourcen selbst.
Hierbei meinen wir nicht nur Meditationen, Yoga oder Spaziergänge, wobei das schon ein guter Start wäre. Nein, vielmehr geht es darum, uns selbst wieder näher zu kommen. Das Kennenlernen der eigenen Trigger, Ablenker, Stressoren und der damit verbundenen Gefühle. Wir drücken diese viel zu oft einfach weg, weil wir das so gelernt haben. Dann sind diese natürlich nicht aufgelöst, sondern wieder nur aufgeschoben. Viele Menschen merken dies später durch ihren Körper, in Form von Verspannungen oder Rückenschmerzen. Weißt Du, was Dich völlig aus der Spur bringt?
Wir dürfen wieder neugierig sein und kennenlernen, was uns aus der Ruhe bringt, was uns ablenkt oder unseren Fokus stört. Denn genau das hilft uns dabei wieder in den Fokus, in die Produktivität und am Ende vielleicht sogar in den Flow zu gelangen. Denn Flow hat auch mit Begeisterung für ein Thema zu tun. Wann waren Sie zuletzt so richtig begeistert? Oder nehmen Sie sich einen Moment und spüren in sich hinein.
Auch in Zukunft wird es wichtig sein, an unserer Widerstandskraft zu arbeiten. Aus der Wissenschaft wissen wir, dass Resilienz viele genetische Komponenten hat. Gleichzeitig gibt es Faktoren, die wir ganz gezielt trainieren können.
In unserem Resilienztraining schauen wir auf die Fähigkeiten, die jede und jeden Einzelnen stärken sowie präventiv vor einer Überlastung schützen. Insbesondere eine optimistische Haltung, das Gefühl von Selbstwirksamkeit durch Achtsamkeit und die eigene Zukunftsgestaltung sind exemplarisch dafür. Letztendlich geht es darum, Ihren Weg in der zukünftigen Arbeitswelt nachhaltig gesund, produktiv und umsetzbar zu gestalten.