Wow, was für eine Goldgräberstimmung! In Deinem Unternehmen schießen die Auftragszahlen durch die Decke. Du hast gerade erst neue Mitarbeitende eingestellt und brauchst jetzt schon wieder Verstärkung. Doch wie funktioniert das Onboarding der Neuen am besten?
Gerade in Phasen von hohem Unternehmenswachstum scheint alles plötzlich ganz schnell und wie von selbst zu gehen. Immer mehr und größere Aufträge gehen ein, die Arbeitslast der Mitarbeitenden steigt und lässt sich nur durch zügigen Personalaufbau abfangen. Unter diesem Druck kann der Eindruck entstehen, dass für Nebensächlichkeiten keine Zeit ist. Die neuen Kolleginnen und Kollegen erhalten eine schnelle Unternehmenseinführung und müssen dann ins kalte Wasser springen sowie nach kurzem Onboardingprozess möglichst zügig autonom handeln können, um das Arbeitspensum zu stemmen. Das führt oft dazu, dass „weniger erfahrene“ Mitarbeitende den „ganz Neuen“ den Job erklären müssen.
Wenn eine Person, die selbst noch nicht lange auf ihrer Position und im Unternehmen ist, anderen Neulingen die Tätigkeiten inhaltlich und prozessual näherbringen soll, ist die Fehleranfälligkeit hoch. Wer selbst gerade eben den Standardprozess beherrscht, hat auf Fragen zu Details oder Ausnahmen meist keine gute Antwort. Das Wissen um theoretischen Abläufe – sei es zu Prozessen oder zu Bedienung von Programmen – ist möglicherweise noch nicht genügend durch praktische Anwendung verfestigt, um es Anderen verständlich machen zu können.
Eine solche fachliche Einarbeitung dauert zudem länger und ist weniger überzeugend, da sie eben noch nicht mit der Routine eines „alten Hasen“ vorgetragen oder mit Praxisbeispielen untermauert wird.
Im schlimmsten Fall werden so Missverständnisse oder vermeintliche Einschränkungen weitergegeben. Die erhoffte Steigerung der Produktivität durch mehr Personal lässt so überdurchschnittlich lange auf sich warten, da die Unsicherheiten für einen höheren Bedarf an Abstimmung und Nacharbeiten sorgen. Hinzu kommt, dass die wenigsten Menschen sich dabei wohlfühlen, einer anderen Person etwas zu erklären, was sie selbst erst seit kurzer Zeit beherrschen oder kennen. Als Neuankömmling wiederum hofft man, in einer Firma angekommen zu sein, in der alle wissen, was sie tun. Bei der Einarbeitung festzustellen, dass der:die Mentor:in womöglich auch noch aufgrund kurzer Firmenzugehörigkeit unsicher ist, erhöht das Vertrauen nicht direkt.
Studien zeigen, dass 30 bis 40 % der Kündigungen in den ersten sechs Monaten auf unzureichende Einarbeitung zurückzuführen sind (Quelle: Bersin by Deloitte, 2025). Deshalb sind qualitativ hochwertige Onboardingprozesse heute keine nette Zugabe mehr, sondern essenziell für die Mitarbeiterbindung und den langfristigen Unternehmenserfolg.
Mit dem Stichwort Vertrauen kommen wir zur nicht-fachlichen Seite des Onboardings. Wir haben bereits gesehen, dass eine fachliche Einarbeitung durch unerfahrene Kollegen und Kolleginnen auf beiden Seiten Stress und Unsicherheit auslösen kann. Orientierung und Halt geben sollte in diesen unsicheren Situationen die Führungskraft, da sich insbesondere die Erwartungshaltung an den neuen Job an die Hiring Manager knüpft, die diese Vorstellungen während des Einstellungsprozesses gestützt haben.
In Situationen von hohem Unternehmenswachstum ergibt es sich oftmals, dass diejenigen, die schon seit längerem an Bord sind, Positionen mit größerer Verantwortung innehaben. Begründet ist diese Tatsache darin, dass sie das Unternehmen, das Geschäft und die Branche bereits gut kennen und von ihnen erwartet wird, dass sie den Bereich verantworten können.
Expert:innen im Bereich Leadership warnen seit Jahren genau vor diesem Prinzip: Wer fachlich am besten seinen Job macht oder die längste Erfahrung auf der Position hat, ist nicht automatisch auch eine gute Führungskraft. Gerade bei diesen fast schon spontanen Beförderungen in einer Boom-Phase ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich eine Person plötzlich als Chef:in wiederfindet, der oder die sich möglicherweise nie in dieser Position gesehen hat und nicht darauf vorbereitet worden ist.
Im Ergebnis hast Du also eine Führungskraft, die zwar fachlich versiert ist, sich aber zunächst mit der neuen Rolle als Leitung arrangieren muss. Dadurch besteht die Gefahr, dass dies schlussendlich nicht die optimale Besetzung der Führungsposition ist. In dieser Findungsphase einer neuen Führung kommt es leider allzu oft dazu, dass neu eingestellte operative Mitarbeitende zu oft sich selbst überlassen sind und sich mit ihren Herausforderungen alleingelassen fühlen.
Aus der mangelnden Vertrautheit mit den jeweiligen Aufgaben heraus – sowohl für die frisch beförderte Führungskraft als auch für die neu eingestellten Mitarbeitenden – ergibt sich schnell eine gewisse Hektik im Onboarding bzw. das Gefühl, mehr zu reagieren als selbstgesteuert zu agieren. Der allgemeine atemlose Eindruck des hohen Wachstums verstärkt sich so auf allen Ebenen. Dabei bleibt wenig Zeit für eine ausführliche Kommunikation und ein Zusammenwachsen, wie sie besonders in der Kennenlernphase wichtig wären. Die neugegründeten Teams oder Abteilungen fühlen sich eher wie zusammengewürfelte Haufen, denn als produktive Einheit an. Wenn es dann noch zu Konflikten oder Konkurrenzdenken kommt, weil sich möglicherweise jede:r selbst der:die Nächste ist, sind die ersten Kündigungen fast schon vorprogrammiert.
Neuere Untersuchungen bestätigen, dass 67 % der Führungskräfte sich nicht ausreichend auf ihre Rolle vorbereitet fühlen – das unterstreicht die Dringlichkeit gezielter Führungskräfteentwicklung in Wachstumsphasen.
Gerade in Phasen schnellen Wachstums ist es entscheidend, nicht nur neue Mitarbeitende einzuarbeiten, sondern auch die bestehenden Teams weiterzuentwickeln. Dazu gehört insbesondere die gezielte Qualifizierung neuer Führungskräfte durch Personalentwicklung – z. B. durch Coaching, Trainings oder begleitende Programme zur Führungskräfteentwicklung. So wird sichergestellt, dass auch die fachlich besten Mitarbeitenden in ihrer neuen Rolle als Führungskraft handlungsfähig sind.
Zugegeben, die meisten Unternehmen haben Pläne für die fachliche Seite des Onboardings, meist als Einarbeitung betitelt. Aber wie kannst Du am besten für die zwischenmenschliche Seite des Onboardingprozesses sorgen?
Unsere Empfehlung ist, gerade in der Anfangsphase gezielt Zeit für Gespräche und Begegnungen zu planen und freizuhalten. Beispielsweise sollte der:die direkte Vorgesetzte mindestens einmal pro Woche 30-60 Minuten im Vieraugengespräch mit dem oder der Neuen verbringen. Eine Person aus dem Team, oft als Onboarding Buddy oder Mentor:in bezeichnet, sollte idealerweise mindestens zweimal pro Woche kurz abfragen, ob alles läuft, oder ob Fragen oder Hindernisse aufgetaucht sind. Auch für das Kennenlernen im gesamten Team und mit den Kontakten aus Schnittstellen-Teams sollte in den ersten 60 Tagen im neuen Job genügend Zeit und Gelegenheit eingeplant werden.
Aktuelle Studien zeigen, dass Mitarbeiter:innen, die einen Buddy haben, sich zu 75 % eher mit dem Unternehmen verbunden fühlen und deutlich schneller produktiv werden (Quelle: SHRM 2025).
Um die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben in Bezug auf die Arbeitsweise auszutauschen, bietet sich für das Onboarding neuer Mitarbeiter:innen, gerade auch bei einem digitalen Onboarding, ein Kennenlern-Tool an. Hier können wir zum Beispiel das „Manual to Me“ empfehlen. Es handelt sich dabei um eine Art Fragebogen, den alle Team-Mitglieder ausfüllen und sich anschließend darüber austauschen können. Auf diese Weise können Missverständnisse in der Zusammenarbeit zumindest entschärft werden, wenn beispielsweise klar ist, wer sich einem Thema zunächst gern in konzentrierter Einzelarbeit nähert, und wer lieber direkt in den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen geht, um das neue Thema besser zu erfassen. Auch Einarbeitungen von Remote-Mitarbeiter:innen können so optimal unterstützt werden.
Gerade in einer Situation, in der vermeintlich alles ganz schnell gehen muss – wir erinnern uns, Leute werden ins kalte Wasser geworfen und müssen selbst schwimmen lernen – ist der erste wichtige Schritt, das Gefühl von Zeitdruck loszuwerden, um echte Bindung und kurzfristige Produktivität bei den neuen Teammitgliedern zu schaffen. Der Laden läuft, die Aufträge oder Bestellungen kommen in großer Stückzahl: ist es da wirklich nicht möglich, wenige Stunden pro Woche für das Onboarding der Neuen abzuzweigen? Oftmals lassen sich diese „unproduktiven“ Zeiten auch gut mit einem gemeinsamen Mittagessen verbinden, was nebenbei gesundheitsfördernd ist.
Digitale Onboarding-Tools und KI unterstützen inzwischen rund 81 % der Unternehmen und helfen dabei, die Einarbeitungszeit um bis zu 50 % zu verkürzen (Quelle: Forbes, 2025). Video-Onboarding steigert die Wissensaufnahme um bis zu 67 %, und Gamification-Elemente erhöhen die Motivation signifikant.
Generell ist beim Thema Onboarding eine Entscheidung von Seiten der Geschäftsführung gefragt. Wenn man sich (passiv) dagegen entscheidet, der Einführung von neuen Mitarbeitenden Zeit und damit einen entsprechenden Stellenwert einzuräumen, ist dies ein Signal an die gesamte Belegschaft: Aufträge zählen mehr als die Menschen, die sie bearbeiten. Na klar, “Zeit ist Geld”, aber haben Sie mal durchgerechnet, wieviel es kostet, wenn Angestellte nach kurzer Zeit wieder gehen und der Personalgewinnungsprozess von neuem gestartet werden muss?
Hier eine kurze Checkliste, was Sie beim Onboardingprozess beachten sollten:
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Wenn Du die Integration neuer Mitarbeitender bei Dir im Unternehmen verbessern willst, melde Dich gern bei uns von ARTS. Wir zeigen Dir schnell anwendbare Lösungen für erfolgreiches Onboarding.
Falls bei Dir im Unternehmen gerade auch die Goldgräberstimmung ausbricht, schau Dir auch unser Thema “Recruiting in Hypergrowth-Situationen” an – das haben wir vor einiger Zeit hier schon beleuchtet.